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Laufende Text-Ereignisse / 3
Laufende [TEXT]-Ereignisse

LTE 102

KÖRPERSPRACHE UND SINNESWAHRNEHMUNG
von WALTER KREUZ

S 2

Das körperunterstützte Ersinnen der Welt als Widerpart zu passiver Beglückung

Eine Körpersprache der Sinneswahrnehmung kann "Sinn" machen, kann auch Zeichen für den öffentlichen Raum setzen. Stadtplanende können dann womöglich nicht mehr mit Personen-Schablonen und Stereotypen in ihren Projektzeichnungen agieren, sondern sähen sich einem schier unerschöpflichen Formengut gegenüber, das alle Vorstellungen von Großstadt, Kleinstadt oder Grätzl übersteigt. Nebenbei bemerkt: Lebendige Menschen sind keine passiv Beglückten, die sich dankbar auf den zu ihrem Wohl ersonnenen Arealen bewegen und sich mit vorgeplant-angenehmen Gefühlen zufriedengeben, welche jede neu gestaltete Umgebung in bester Absicht vermitteln mag.

Ganz im Gegenteil, aktives körperbetontes Wahrnehmen in expressiver Ausprägung erweckt jedes Areal zu einer neuen Lebendigkeit, die von Menschen, die es betreten, durchschreiten oder darin agieren, zu einer Bühne, zu neuen Stand by-Inszenierungen machen, zu einer einem Wechselbad der Gefühle, zu einem offenen Raum, zu einem Meer von nicht geplanten Möglichkeiten und zu Gelegenheiten von Reisen auf kleinsten Einheiten.

Destination: Das Ding. Gute Reise!

Und wie würde ein Weltbild bei Sinnenwahrnehmung INKLUSIVE aktiv-schöpferischer Körpersprache aussehen? Es braucht (nicht nur beim Wahrnehmungsakt) wohl ein neues körpersprachliches Vokabular. Dabei geht es vor allem um Darstellung von Fremderfahrung, um das Einlassen auf die Objekte der Erfahrung (also nicht um "Selbsterfahrung", nicht um das Spüren des eigenen Körpers).

Das Zitat "Bon Voyage und ab in die Dinge" soll dies veranschaulichen. Es handelt sich um eine sinnliche Kontaktaufnahme mit den Dingen der Außenwelt, um ein Verlieren in Formen, Farben, Gerüchen, Klängen, die allesamt NICHT die eigenen sind. Es wäre mehr als einen Versuch wert – das Versunken-Sein in fremde Formen, fremde Farben, fremde Gerüche, fremde Klänge.

Der Akt der Wahrnehmung – Versuch von Benennungen

Ein Versuch: Angenommen, es gäbe bei Posen, Bewegungen, Körperhaltungen oder Mimik keine Selbstbezogenheit, keine Archetypen, eine Körperästhetik, kein Schön-Sein, keine willfährige Gestaltung für den öffentlichen Raum, keinen Wunsch zu gefallen. Was könnte es dann sein? Einige Beispiele dafür:

Ein KÖRPERMOMENT DER OFFENHEIT
Eine SYNCHRONISATION MIT DEN OBJEKTEN IM BLICK-, HÖR- ODER GERUCHSFELD
Eine PHYSISCHE ANNÄHERUNG AN DAS ERFAHRUNGSOBJEKT
Eine UMKREISUNG/UMKUGELUNG DES ERFAHRUNGSOBJEKTS
Eine FAKTISCHE SUCHE NACH EINEM – NACH „DEM“ – NEUEN WAHRNEHMUNGSSINN
Ein DRAMATURGISCHES WECHSELSPIEL  IN X TEILEN MIT DINGEN ...

Kommunikation: Die Sprache über die Wahrnehmung

Dann ist es ein In-Worte-fassen, wie man wahrnimmt, ein (lyrisches) Protokoll, eine Notiz von Gedankenfetzen, ein genereller Aufzeichnungsakt (der schreibend erfolgt oder als Stimmaufnahme) über den knisternden Raum zwischen Subjekt und Objekt der Erfahrung, ein Raum, der momentelang (oder über längere Zeitspannen) zur Zwischenwelt wird. Das sind zum Beispiel:

ERZÄHLUNGEN, BETEXTUNGEN, EXZERPTE
einer BEGEGNUNG und ÜBERLAGERUNG von ERFAHRUNGSFELDERN

Sie gehen sowohl von den Wahrnehmenden als auch von den wahrgenommenen Elementen, Unikaten und Konstellationen aus und treffen einander – wo auch immer: in der Mitte ihrer zurückgelegten Wege, in den Bewussseinszentren der Wahrnehmenden, im Inneren der Dinge oder einfach überall, und dies simultan.


© 2023 Walter Kreuz                            < S 1 / S 2
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